Bernhard Unser
stand am 07.01.2013 Melina Wochner und Ramona Müller vom Freiwilligen Ökologischen Jahr der Stadt Rastatt für ein Interview zur Verfügung.
Kontaktdaten
Email: bernhard.unser (at) web.de
Weitere Informtionen Ansprechpartner/auch für Wespen erhalten Sie:
Landratsamt Rastatt, Untere Naturschutzbehörde.
• Amt für Baurecht, Klima- und Naturschutz u. öffentliche Ordnung Tel. 07222/381-4052
• Kunden-Service-Center Tel. 07222/381-0 Sowie bei allen Bürgermeisterämtern und Ortsverwaltungen im Landkreis Rastatt.
Tätigkeiten
Bernhard Unser ist Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Niederbühl.
Er ist LOGL-geprüfter Obst- und Gartenfachwart (LOGL = >> Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg e.V.) Die LOGL-geprüften Obst- und Gartenfachwarte sind Ansprechpartner für Fragen rund um die Themen Obst, Garten und Landschaft.
Unter anderem ist er als „Schwarzwald-Guide“ [>> hier weitere Infos] bzw. „Pamina Rheinpark-Guide“ [>> hier Näheres zu den Rheinpark-Guides] auch viel in der Natur unterwegs und bietet Führungen an.
Außerdem hat er an einem landesweiten Qualifikationsseminar zum „Fachberater für den Hornissenschutz“ teilgenommen und ist kompetenter Ansprechpartner zu allen Fragen rund um das Thema Hornissen.
Vom Landratsamt Rastatt wurde er offiziell zum Hornissenfachberater bestellt. Zu seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten als Hornissenfachberater gehören unter anderem auch die fachgerechte Umsiedlung von Hornissen- und Wespennestern.
Bevor man in Sachen Hornissen tätig wird, so auch vor einer Entfernung von Nestern oder Umsiedlung der Insekten, sollte in jedem Fall der Fachberater für Hornissenschutz zu Rate gezogen werden. Denn: Hornissen stehen, wie übrigens auch viele Wespenarten, unter besonderem Schutz (s.u.). Oftmals kann erst nach einer eingehenden Ortsbegehung abgewogen werden, ob es überhaupt notwendig ist, Nester zu entfernen oder ob es möglich ist, sich mit den Insekten zu arrangieren. Trotz zahlreicher Anfragen, musste Bernhard Unser im Jahr 2012 lediglich vier Hornissennester umsiedeln. Durch Beratung und Information der Betroffenen kann man hier viel Verständnis erreichen.
Wie sind Sie zu Ihrer Tätigkeit gekommen?
Bernhard Unser war schon als Kind viel draußen in der Natur. Vor über 10 Jahren machte er bei der Beratungsstelle für Obst- und Gartenbau des Landratsamtes eine Fortbildung zum Obstbaumwart. Hier bildete er sich in der fachgerechten Pflege von Obst- und Ziergehölzen weiter. Daneben ließ er sich zum LOGL-geprüften Obstbaumpfleger (s.o.) ausbilden. Er hat sich entschieden, bei der Bewirtschaftung seiner Bäume auch den Naturschutz wahrzunehmen. So werden z.B. nicht alle morschen Äste entfernt, sondern diese für die Tierwelt erhalten.
Ein weiteres Hobby wurde die Imkerei, durch die er die Bienen, Wespen und Hornissenproblematik kennenlernte. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, diese Insekten auseinanderzuhalten. Eines Tages beobachtete Bernhard Unser, wie eine Hornisse vor dem Abflugloch seines Bienenstocks saß und eine seiner Honigbienen fraß. Im ersten Moment war er darüber entrüstet „Was macht die denn da?“. Dies war der Anstoß, sich eingehender mit diesen spannenden Insekten zu beschäftigen.
Seit mittlerweile zwei Jahren ist er nun Fachberater für den Hornissenschutz beim Landkreis Rastatt.
Was finden Sie an Hornissen faszinierend?
Die Natur ist ein einziger faszinierender und schützenswerter Kreislauf. Die Natur ist extrem vielfältig, alles ist mit allem vernetzt. Besonders eindrücklich ist dies auch in Streuobstwiesen zu beobachten. Hier leben tausende Tier- und Pflanzenarten zusammen. Diese Wiesen sind die große Leidenschaft von Bernhard Unser. Eine charakteristische Tierart dieses Lebensraumes ist die Hornisse, an dieser er letztendlich irgendwie „hängengeblieben“ ist. Hornissen sind extrem nützliche Tiere, da sie z.B. Schadinsekten fressen, aber auch zahlreiche Fressfeinde haben (Bienenfresser, Wespenbussard…). Sie dürfen nicht verschwinden. Der Kreislauf der Natur würde hierdurch erheblich gestört werden, mit nicht auszudenkenden Auswirkungen auch für uns Menschen.
Allgemein zu Hornissen
Hornissen (Vespa crabro) sind die größten der europäischen Wespenarten. Sie leben in einem Staat, der im Hochsommer 400-700 Individuen umfasst.
Mitte April, Anfang Mai erfolgt die Nestgründung durch die begattete Jungkönigin, welche als Einzige überwintert hat und etwa ein Jahr lebt. Hierzu baut sie aus zerkautem Holz eine Wabe mit Schutzhülle, in welche sie die ersten Eier legt. Hornissenköniginnen können bis zu 35 mm groß werden, die Arbeiterinnen werden ca. 21 mm groß und leben nur 3-4 Wochen.
Im Herbst schlüpfen die neuen Königinnen und die männlichen Drohnen, welche aus nicht befruchteten Eiern entstehen. Anschließend erfolgt der „Drohnenkampf“, welcher darin endet, dass Ende September, Anfang Oktober die Paarung der Jungköniginnen stattfindet. Diese verlassen dann das Nest und suchen sich einen Platz zum Überwintern. Das restliche Volk stirbt beim ersten Nachtfrost und das Nest verwaist.
Unter Artenschutz?
Die gesetzlichen Grundlagen sind im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), in der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) und Naturschutzgesetz Baden-Württemberg (NatSchG) verankert:
Nach § 39 NatSchG ist es allgemein verboten, wildlebende Tiere mutwillig zu beunruhigen, oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten bzw. deren Lebensstätten zu beeinträchtigen oder zu zerstören.
Dieser allgemeine Schutzgrundsatz gilt auch für Insekten, wie für die manchmal 'lästigen' Wespenarten, z.B. die gallische Feldwespe, (Polistes dominula), Sächsische Wespe, Dolichovespula saxonica und weitere Arten.
Die >> Deutsche Wespe (Vespula germanica) und >> Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) sind davon nicht betroffen.
Darüber hinaus sind die Hornissen (Vespa crabro), wie ebenfalls alle heimischen Bienen- und Hummelarten, wegen ihrer zunehmenden Gefährdung besonders geschützte Tierarten nach BNatSchG bzw. BArtSchV.
Deshalb ist es verboten, den Hornissen nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, sie zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
Selbstverständlich kann in besonderen Fällen bei Gefahr im Verzug eine unverzügliche Maßnahme notwendig und gerechtfertigt sein. Vorzugsweise sollte man sich jedoch an einen Hornissenbeauftragten oder die Naturschutzbehörde wenden.
Worauf muss man achten?
Hornissen bauen ihre Nester aus zerkleinerten, eingespeichelten Holzfasern, die sie von diversen Holzoberflächen schälen.
Da intaktes Holz nicht geschädigt wird, verursachen Hornissen keine unmittelbaren Bauschäden. Morsches Holz wird von ihnen allerdings angenagt.
Der Hornissenflug beginnt ab Mai/Juni und endet im Oktober. Im ersten Monat kann nur die Hornissen-Königin beobachtet werden. Sie ist in diesem Stadium mit dem Nestbau vollkommen auf sich allein gestellt. In diesem Zeitraum ist das heranwachsende Volk besonders gefährdet, da sich aus den Eiern noch keine Arbeiterinnen entwickelt haben. Stirbt die Königin in dieser Phase, geht das gesamte sich entwickelnde Volk zu Grunde.
Auf keinen Fall darf das Nest in den ersten vier Wochen umgesiedelt werden, da dies zum sicheren Untergang des Volkes führen würde. Dies kann frühestens dann geschehen, wenn die ersten Arbeiterinnen geschlüpft sind.
Wo und wie leben Hornissen?
Ursprünglicherweise bauen die staatenbildenden Hornissen ihre Nester in hohle Baumstämme. Da es heutzutage immer weniger dieser natürlichen Baumhöhlen gibt, weichen sie oft auch in Rollladenkästen oder in Dächer aus.
Sind sie wirklich gefährlicher als Bienen oder Wespen? Was tun, wenn man gestochen wird?
Der Irrglaube „Sieben Hornissenstiche töten ein Pferd, drei einen Erwachsenen und zwei ein Kind" ist immer noch weit verbreitet, obwohl wissenschaftlich schon längst das Gegenteil bewiesen ist. Hornissenstiche tun zwar mehr weh als ein Bienenstich, da ihr Stachel dicker, länger und stabiler ist, aber (lebens-)gefährlich ist ein Stich nicht. Schließlich wurde auch Bernhard Unser schon 3-4 mal hintereinander gestochen und erfreut sich immer noch bester Gesundheit.
Kritisch sind lediglich Stiche aller Art im Hals-/Mundbereich (durch bspw. eine Wespe in der Flasche/im Kuchen o.Ä.), da beim Anschwellen Erstickungsgefahr droht.
Ist man allerdings gegen Hornissen- und Wespenstiche allergisch, sollte man in jedem Fall sofort ärztlich behandelt werden.
Als schnelles „Hausmittelchen“ nach einem Insektenstich hilft Kühlen, manche schwören auch auf Essig und teilweise sogar Wärme. Bei Stichen im Rachenraum lässt man den Patienten bis zum Eintreffen des Arztes Eiswürfel lutschen.
Gibt es unterschiedliche Arten? Wie kann man sie unterscheiden?
Die Hornisse gehört zur Gattung „Vespa“. Bei uns kommt nur die Gewöhnliche Hornisse (Vespa crabro) vor. Weltweit gibt es rund 60 Arten der Unterfamilie „Vespinae“, zu der auch die anderen heimischen Wespen gehören.
Die Unterscheidung der verschiedenen Arten (Hornissen/Wespen) ist schwierig, meistens lassen sie sich nur durch Verhaltensweisen (Bauen sie im Dunkeln oder im Hellen ihre Nester?) oder die markanten Gesichtszeichnungen (jede Wespenart hat eine andere Stirnmusterung) differenzieren.
Bei uns in der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt kommen die Mittlere Wespe (wird auch „Kleine Hornisse“ genannt, da sie etwas kleiner ist als diese), die Sächsische Wespe, die Waldwespe, die Rote Wespe, in der Ökostation Rastatt auch die Feldwespe (die aussieht, als ließe sie ihre Füße hängen und sehr harmlos ist) und die typischen „Kuchenwespen“, Deutsche Wespe und Gemeine Wespe, vor.
Wann werden Hornissen aggressiv?
Wie auch Bienen und Wespen greifen Hornissen nie ohne Grund an. Beachtet man bestimmte Verhaltensregeln, besteht normalerweise auch keine Gefahr gestochen zu werden: Man sollte nie nach den Tieren schlagen oder greifen, da sie sich dann bedroht fühlen. Da Bienen, Wespen und Hornissen ihr Nest gegen Angreifer verteidigen, sollte man diesen Bereich meiden. Auch wenn man in die Flugbahn der Tiere kommt, kann es vorkommen, dass man gestochen wird. So sind Hornissennester an öffentlichen Plätzen oder in Eingangsbereichen problematisch, aber an den meisten anderen Stellen lassen sie sich tolerieren.
Was tun bei einem Hornissennest am Haus? Hornissenumsiedelung?
Am Besten man ruft Bernhard Unser oder einen seiner Kollegen an, um beraten zu werden.
Es gibt verschiedene Lösungsansätze, nur in den wenigsten Fällen muss das Hornissennest umgesiedelt werden.
Eine Möglichkeit ist, eine Absperrmatte anzubringen, die die Flugroute der Tiere umlenkt und diese somit keine Gefahr mehr darstellen.
Hornissen werden, wie viele andere Insekten auch, durch Licht angelockt. Lässt man dieses abends aus oder bringt spezielle „insektenfreundliche“ Glühbirnen an, ist das Problem meist auch behoben.
Im Gegensatz zu den Bienen überwintern Hornissen und Wespen nicht. Allein die Königin überlebt die kalte Jahreszeit. Probleme mit Hornissen und Wespen treten daher nur im Sommer auf. Im Spätjahr sterben die Völker. Danach ist es sinnvoll, an problematischen Stellen die Zugänge zu verschließen.
Besonderes Erlebnis/Anekdote?
Eine besondere Entdeckung für Bernhard Unser war das Hornissennest im Blumenladengebäude im Waldfriedhof in Rastatt. Die Hornissen nutzten den Bereich des Damen-WC's des Blumenladens als Einflugschneise zu ihrem Nest. Dieses wurde dort über den Sommer 2012 toleriert. Die Floristinnen mussten ins WC des Verwaltungsgebäudes ausweichen. Es wird vermutet, dass das Nest außergewöhnlich groß ist. Vorgesehen ist, dieses zu Beginn des Jahres 2013 zu entfernen und den Zugang für die Hornissen zu verschließen.
Vor einiger Zeit bekam Bernhard Unser einen Anruf wegen eines Hornissennestes in einem Meisenkasten. Um sich ein Bild von der Situation zu machen, begutachtete er das Nest vor Ort. Da die Königin noch allein war und der Nestbau sich noch im Anfangsstadium befand, hat er keine Umsiedlung vorgenommen. Die Familie, die angerufen hatte, meldete sich daraufhin nicht mehr bei ihm. Deshalb schaute er nach einiger Zeit noch mal vorbei. Der Grund, weshalb keine Hilfe mehr benötigt wurde, war: Die Hornissen hatten ein „Filialnest“ angelegt und sich sozusagen selbst umgesiedelt. Das Problem hatte sich also von selbst gelöst. Hornissen bauen solche „Filialnester“, wenn sie merken, dass im Bereich des alten Nestes kein Platz zum Ausbau mehr besteht. Der Staat sucht sich, während noch am alten Nest weitergebaut wird, ein neues Nest. Irgendwann wird dann das alte Nest nicht mehr genutzt. Es war das erste mal, dass der Hornissenfachberater, dieses Phänomen beobachten konnte.
Ein Kollege von Bernhard Unser aus Gernsbach siedelt jährlich ein Hornissennest in seinem Garten an. Da Wespen auf dem Speiseplan von Hornissen stehen, ist sein Grundstück immer wespenfrei.
Profi-Wissen
Niemand ist von Geburt an allergisch gegen Hornissen-/Wespen-/Bienenstiche. Wenn man das erste Mal gestochen wird, kann man allergisch werden, dabei sensibilisiert der Körper sich dann. So merkt man erst beim zweiten Stich, ob man allergisch ist oder nicht. Nur ca. 2-3% der Bevölkerung zählen zu jenen Allergikern.
Bei Hornissen und Wespen stirbt das Volk am Ende des Jahres. Die Königinnen überwintern zwar, allerdings nicht in ihrem Nest. Sie suchen sich hierfür ein Plätzchen in Baumhöhlen, Felsspalten oder anderen frostgeschützten Orten.
Die Hornissenlarven brauchen Eiweiße zum Wachsen. Darum fangen ihnen die Muttertiere hauptsächlich Insekten. Auch Honigbienen fallen ihnen zum Opfer. Die erwachsenen Tiere selbst ernähren sich vorwiegend von Kohlenhydraten (z.B. Fallobst) oder trinken Baumsaft.
Muss ein Hornissenvolk umgesiedelt werden, wird es meist mit einem handelsüblichen Staubsauger (der allerdings durch eine spezielle Konstruktion präpariert ist) abgesaugt. Für die Tiere ist das die schonendste Variante.
Wie andere „Stechtiere“ auch, hinterlassen Hornissen einen Duftstoff an der Stelle, an der sie zugestochen haben. So riechen ihre Kolleginnen, wo der „Angreifer“ verwundbar ist und es kommen immer mehr und stechen an derselben Stelle noch einmal.
Links? Lektüre? weitere Infos?
>> hornissenschutz.de - nimmt alle Ängste vor Hornissen
>> hornissen-info.de - Informationen und Bilder
„Schützt die Hornissen“ von Robert Ripberger und Claus-Peter Hutter, erschienen im Weitbrecht- Verlag 1992/1997 -